Quantum Computing: Die Supercomputer der Zukunft

Quantum Computing soll Computertechnologien mithilfe von Quantenmechanik revolutionieren. Prinzipien wie Superposition oder Quantenverschränkung sollen in Form von Qubits in Quantencomputern zum Einsatz kommen und Hochleistungsrechner mit nahezu unbegrenzter Leistungsfähigkeit kreieren. Ob Quantencomputer Realität werden, hängt von technologischen Hürden wie der Verschaltung der Qubits und modernen Kühlsystemen ab.

Was ist Quantum Computing?

Ein Gespenst geht um in der Welt der Computer – das Gespenst namens Quantum Computing. Wenn alle Prognosen zutreffen und Quantencomputer eines Tages marktreif werden, sollen sie nichts weniger als eine technologische Revolution auslösen. Wie das funktionieren soll? Durch die Gesetze der Quantenmechanik. Dazu zählen insbesondere drei Prinzipien, die sich als die Säulen des Quantum Computing bezeichnen lassen:

  • Superposition: Bezeichnet die Fähigkeit eines Quantensystems, mehrere Zustände gleichzeitig anzunehmen – 1 und 0 statt 1 oder 0.
  • Quantenverschränkung: Beschreibt ein quantenmechanisches Phänomen, bei dem zwei oder mehr Teilchen miteinander verschränkt sind und ein verbundenes Gesamtsystem bilden; Änderungen an einem Teilchen des quantenverschränkten Systems wirken sich automatisch auf alle verbundenen Teilchen aus.
  • Quantenkollaps: Bezeichnet den Moment, wenn Systeme in Superposition gemessen werden und dadurch in einen definierten Zustand übergehen – von 1 und 0 zu 1 oder 0.

Klassische Computer basieren auf dem binären, elektrischen Prinzip von „An/Aus“ oder „1/0“. Quantencomputer hingegen nutzen nichtbinäre, mehrdimensionale und quantenmechanische Zustände. Anders als klassische Computer lösen sie Probleme nicht nacheinander, sondern parallel und gleichzeitig – auch bei komplexen Eingaben. Auf diese Weise sollen sie eine millionenfach größere Rechenleistung und deutlich verringerte Berechnungszeiten ermöglichen.

Verläuft alles nach Plan, werden Quantencomputer für einen technologischen Evolutionssprung sorgen, der sich in allen Bereichen mit komplexer Datenverarbeitung bemerkbar machen wird. Dazu zählen u. a. E-Commerce, Kryptografie, Medizin, Finanztransaktionen sowie Big Data, KI und Machine Learning.

Wie funktioniert Quantum Computing?

Quantum Computing ist nicht leicht zu verstehen. Statt binärer Bits verwenden Quantencomputer Qubits (Quantenbits) zur Lösung mathematischer Probleme und zur Verarbeitung von Datenmengen. Das klassische Bit basiert auf Binärcode.

Ein Bit kann nur einen von zwei Zuständen annehmen: 1 oder 0. Qubits hingegen arbeiten nichtbinär und nehmen beide Zustände gleichzeitig an: 1 und 0. Der quantenmechanische Ansatz steigert das Leistungspotenzial von Quantencomputern gegenüber binären PCs um ein Millionenfaches. Qubits können nämlich nicht nur die Zustände 1 und 0 gleichzeitig, sondern unendlich viele Zwischenzustände annehmen. Da Quantencomputer Informationen gleichzeitig verarbeiten, sind sie in der Lage, komplexe Aufgaben zu lösen, die für klassische Computer unlösbar sind.

Superposition und Quantenverschränkung

Ein einfaches Bild zur Veranschaulichung: Stellen Sie sich die Funktionsweise von klassischen Computern und Quantencomputern als Münzwurf vor. Klassische Computer sind darauf angewiesen, dass die Münze landet. Sie können also nur den Zustand Kopf (repräsentativ für 0) oder Zahl (repräsentativ für 1) verstehen. Quantencomputer dagegen nutzen eine Münze, die nie landet, sondern sich konstant in der Luft dreht und stets Kopf und Zahl gleichzeitig ist. Sie befindet sich im Zustand der Superposition.

Erst durch eine Messung nehmen Qubits einen binären Zustand an. Stellen Sie sich wieder die schwebende Münze vor. Solange niemand die Münze beobachtet, dreht sie sich in der Luft und ist Kopf und Zahl gleichzeitig. Kommt es zur Beobachtung bzw. Zustandsmessung, fällt die Münze zu Boden und zeigt Kopf oder Zahl. Hinzu kommt, dass Qubits in Quantencomputern miteinander verschränkt sind. Ändert sich ein Qubit, ändern sich durch Quantenverschränkung auch die verbundenen Qubits. Hierdurch erhöht sich die Berechnungsgeschwindigkeit von Quantencomputern ebenfalls. Mehrere Qubits werden anschließend zu Quantenregistern aus binären Bits für Rechenoperationen zusammengefasst.

Wie viel mehr Leistung bieten Quantencomputer?

Wissenschaft und Industrie setzen große Hoffnungen auf die Leistungsfähigkeit der Quantencomputer. Einige Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen erwarten sogar, dass sich mit ihnen der Urknall simulieren und der Beweis für parallele Universen erbringen lässt. Fest steht, dass Quantencomputer trotz technischer Herausforderungen ein unbegrenztes Potenzial bieten. So hat ein Qubit mehr als die doppelte Rechenleistung eines Bits, da es gleichzeitig die Zustände 1 und 0 und zahlreiche Zwischenzustände annehmen kann. Mit jedem weiteren Qubit vervielfacht sich somit die Rechenleistung. Drei Qubits können acht Zustände parallel annehmen, 300 Qubits bereits zwei hoch 300 Zustände.

Welche Vor- und Nachteile bietet Quantum Computing?

Vorteile Nachteile
Vervielfachen die Rechenleistung und die Berechnungszeit auch bei großen, komplexen Datenmengen Hohe technische Anforderungen hinsichtlich Kühlung und Verschränkung von Qubits
Verarbeiten große Mengen an Eingabewerten nicht nacheinander, sondern gleichzeitig Erfordern ein Umdenken und neue digitale Infrastrukturen, da Quantencomputer auf anderen Prinzipien als klassische PCs basieren
Fördern die Weiterentwicklung von künstlicher Intelligenz und Machine Learning Leistungsfähigkeit stellt in den falschen Händen eine Bedrohung dar
Erleichtern medizinische Forschung, da Quantencomputer Moleküle und Gene exakt simulieren und Big Data verarbeiten Berechnungsergebnisse decken eine Bandbreite von Ergebnissen ab und können unter Umständen unpräziser sein als binäre Computer
Bieten durch Primfaktorzerlegung ungeahntes Potenzial für hochsichere Verschlüsselungsverfahren  

Mögliche Anwendungsbereiche der Quantencomputer

Bis Quantencomputer in der Praxis Anwendung finden, werden noch einige Jahre vergehen. Dennoch lassen sich aufgrund Ihrer Vorteile für komplexe Datensysteme und Datenverarbeitung folgende Anwendungsbereiche absehen:

  • Quantensimulationen für Naturwissenschaften und Medizin
  • Quantenchemie und Quantenbiologie
  • Erstellung komplexer Finanzmodelle
  • Optimierung von künstlicher Intelligenz und selbstlernenden Systemen
  • Optimierung von Verschlüsselungstechniken in der Kryptografie
  • Smarttechnologien wie Smart Grids, Smart Cities und Smart Houses
  • Autonomes Fahren
  • Data Mining
  • Luft- und Raumfahrt

Technische Hürden für Quantencomputer

Der Hauptgrund, warum sich Quantencomputer bisher noch im Entwicklungsstadium befinden, sind die technischen Anforderungen. So handelt es sich bei Qubits um sehr empfindliche und flüchtige Quantensysteme. Für möglichst exakte Ergebnisse müssen Quantencomputer in der Lage sein, Millionen Qubits zuverlässig miteinander zu verschränken. Eine weitere Hürde: Quantencomputer können nur dicht am absoluten Temperatur-Nullpunkt (-273,15 Grad Celsius) arbeiten. Allein das Herunterkühlen aktueller Quantenchips erfordert Tage und hochmoderne Kühlsysteme.

Quantenalgorithmen zur Lösung komplexer Probleme und zur Datenverarbeitung basieren im Vergleich zu bekannten Algorithmen auf gänzlich neuen Grundlagen. Dazu zählen die Bildung mehrdimensionaler Rechen- und Speichereinheiten und Simulationsräume, zu denen heutige Computer nicht in der Lage sind. Aus diesem Grund wird es eine neue Hard- und Software für Quantencomputer erfordern, um die Datensätze in Qubit-fähige Formen zu übersetzen und zu verarbeiten. Auch die Art des Programmierens sowie Programmiersprachen werden neue Wege gehen, um den Prinzipien der Quantenmechanik gerecht zu werden.

Wo steht Quantum Computing heute?

Erstmals ins Gespräch kam Quantum Computing im Jahr 1980, als der Physiker Paul Benioff eine quantenmechanische Variante der Turingmaschine beschrieb. Der theoretische Physiker Richard Feynman und der Mathematiker Yuri Manin formulierten schließlich in den späten 1980ern das Leistungspotenzial von Quantencomputern gegenüber klassischen Computern. Seither nimmt das Interesse an Quantencomputern stetig zu. Beweis dafür ist, dass Regierungen sowie Unternehmen wie IBM, Google und Microsoft intensiv an der Realisierung von Quantum Computing arbeiten und Millionen investieren.

IBM brachte im Jahr 2019 einen Quantencomputer mit 20 Qubit heraus. Google wiederum proklamierte am 23. Oktober 2019 in einer Zusammenarbeit zwischen Google AI und der NASA mit dem Sycamore-Chip das Erreichen der „Quantum Supremacy“. Sycamore soll erstmals Aufgaben gelöst haben, die selbst die besten klassischen Supercomputer nicht lösen können. 2020 verkündete IBM schließlich, einen der größten Quantencomputer namens „Hummingbird“ mit 65 Qubit entwickelt zu haben. 2021 folgte das IBM-Modell „Eagle“ mit 127 Qubit.

Trotz der konstanten Weiterentwicklung von Supercomputern lässt sich derzeit noch nicht erwarten, dass sie klassische Computer vollständig verdrängen. Viel wahrscheinlicher ist ein hybrider Ansatz mit einer Kombination aus klassischen PCs und Quantencomputern. Dieser bietet den Vorteil, dass Quantencomputer aus enormen Datenmengen erste Ergebnisse liefern, die bisher präzisere, klassische Supercomputer nach Binärprinzip verarbeiten.

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