Lead-Scoring
Als Lead-Scoring bezeichnet man die Bewertung von Leads. Dabei stellt man die Qualität der gesammelten Kontakte gegenüber. Bei der Bewertung spielen sowohl die Menge an Informationen pro Lead (explizites Scoring) als auch die Reaktion des Leads auf die Kommunikation (implizites Scoring) eine Rolle. Daraus lässt sich ableiten, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass aus einem Interessenten ein Kunde wird.
Was ist Lead-Scoring?
Der Ausdruck to score something bedeutet im amerikanischen Englisch „etwas bewerten“ – beim Lead-Scoring geht es also um die Bewertung von Leads. Dabei beurteilt man nicht nur die Qualität und den Status der Kontakte, sondern indirekt auch die Verkaufschancen für das Unternehmen.
Eine objektive Bewertung eines Kontakts für den Vertrieb ist meist nur im Vergleich zu anderen Kontakten möglich. Dazu zieht man zwei Hauptkriterien heran: Zum einen überprüft man die Vollständigkeit der Kontaktinformationen bzw. des Nutzerprofils – man spricht hierbei von expliziten Informationen. Zum anderen wertet man die Reaktion des Leads auf die im Rahmen des Lead-Nurturings vorgenommenen Kontaktversuche aus – und gewinnt so implizite Informationen.
Ziel des Lead-Scorings ist es unter anderem, die Abstimmung und Zusammenarbeit von Marketing und Vertrieb zu erleichtern. Das geschieht schon zu Beginn des Lead-Management-Prozesses durch eine Vorab-Sortierung der eingegangenen Leads, vor allem aber später durch klare Richtlinien, die bestimmen, wann ein Lead „vertriebsreif“ ist und mit welcher Priorität er vom Vertrieb zu behandeln ist. Diese Regeln und Richtlinien fasst man in einem Lead-Scoring-Modell zusammen, das vor allem im B2B-, aber auch im B2C-Bereich Marketing und Vertrieb gemeinsam implementieren. Das Modell hilft bei der Entscheidung, ob ein Kontakt vom Vertriebsmitarbeiter nachgefasst, also ins Lead-Routing übergeben wird, oder ob er weiter im Lead-Nurturing betreut wird.
Das Lead-Scoring-Modell
Entsprechend der bereits erwähnten Unterscheidung zwischen impliziten und expliziten Informationen wird auch implizites und explizites Scoring vorgenommen – beides fließt am Ende in das Scoring-Modell ein.
Explizites Scoring: Bewertung des Interessentenprofils
Das explizite Scoring beschäftigt sich mit den Kontaktinformationen bzw. dem Profil des Leads.
Relevante Informationen sind im B2C-Bereich soziodemografische Daten wie Alter, Geschlecht oder Wohnort. Im B2B-Bereich spielen hier z. B. die Position des Kontakts im Unternehmen, die Branche, der der das Unternehmen angehört, dessen Mitarbeiterzahl oder der zu erwartende Jahresumsatz eine Rolle. Jedes Unternehmen entscheidet selbst, welche expliziten Daten es für die Profilbewertung heranziehen möchte. Wichtig für das Scoring ist eine enge Zusammenarbeit von Vertrieb und Marketing. Gemeinsam legt man Faktoren fest, die den optimalen Kunden ausmachen.
Kategorien festlegen und gewichten
Aus diesen Überlegungen entsteht ein allgemeines Interessenten-Profil, dessen wichtigste Faktoren man dann bestimmt. Die einzelnen Kategorien – im folgenden Beispiel sind das Position, Branche und Mitarbeiterzahl – gewichtet man unterschiedlich, je nach Anforderungen des Unternehmens. Die Position des Mitarbeiters ist für unser Beispiel-Unternehmen der am stärksten gewichtete Faktor:
Kategorie | Gewichtung |
Position | 50 % |
Branche | 30 % |
Mitarbeiterzahl | 20 % |
Score-Punkte innerhalb der Kategorien verteilen
Im nächsten Schritt findet auch innerhalb der Kategorie eine Art Gewichtung statt. Dafür vergibt man sogenannte Score-Punkte. Wir nutzen ein Beispiel aus dem B2B-Bereich. In diesem Bereich erhält beispielsweise der CEO üblicherweise eine bessere Positionsbewertung als der Abteilungsleiter, der wiederum weit vor dem Praktikanten steht. Die maximale Anzahl an Score-Punkten ist in unserem Beispiel 10.
Kategorie Position | Score-Punkte |
CEO | 10 |
Abteilungsleiter Einkauf | 9 |
Mitarbeiter PR | 6 |
Empfang | 5 |
Praktikant | 1 |
Rating nach Übereinstimmung mit Idealprofil festlegen
Aus den einzelnen Gewichtungen und dem Scoring ergibt sich ein Idealprofil, das zu 100 Prozent mit dem optimalen Kunden, den man zu Beginn definiert hat, übereinstimmt. Am Ende gleicht man das Interessentenprofil mit dem Idealprofil ab – und berechnet die Übereinstimmung. Daraus ergibt sich wiederum ein Rating. In unserem Beispiel steht das Rating A für die höchste Übereinstimmung, das Rating D hingegen für die geringste.
Übereinstimmung mit Idealprofil | Rating |
> 75 % | A |
50–75 % | B |
25–50 % | C |
< 25 % | D |
Kontakte mit dem Rating A passen sehr gut in das erstellte Idealprofil und sind damit relevant für das Unternehmen. In unserem Beispiel ist das der CEO eines Unternehmens, das aus der passenden Branche stammt und die geeignete Größe (Mitarbeiterzahl) besitzt. Durch einen hohen Score in den drei relevanten Kategorien erfüllt er alle Kriterien in besonderem Maße und bekommt das Rating A.
Implizites Scoring: Bewertung des Nutzerverhaltens
Das implizite Scoring beschäftigt sich mit dem Verhalten der Interessenten, z. B. mit deren Reaktion auf Kontaktaufnahmen und Content-Marketing-Maßnahmen. Die Analyse und Bewertung des Verhaltens soll Aufschluss über den Grad des Interesses geben. Es gibt viele verschiedene Parameter, die helfen, eine Aussage darüber zu treffen, ob ein Kunde den erwünschtem „Reifegrad“ erreicht hat. Dazu gehören unter anderem Verweildauer, Besuche, Klicks, Downloads und Kontaktanfragen. Je mehr sich der potenzielle Kunde informiert und mit einem konkreten Produkt beschäftigt, desto kaufentschlossener ist er – der Download von Whitepapers und E-Books lässt z. B. auf ein konkretes fortgeschrittenes Interesse schließen.
Kategorien festlegen und gewichten
Wie schon bei den expliziten Nutzerdaten wählt man auch beim impliziten Scoring die fürs eigene Unternehmen relevanten Parameter. Für unser Beispiel bestimmen wir als Parameter die Anforderung eines Angebots, den Download eines E-Books, den Besuch der Landingpage und die Interaktion im Newsletter.
Kategorie | Gewichtung |
Anforderung Angebot über Kontaktformular | 55 % |
Download E-Book | 30 % |
Besuch Landingpage | 10 % |
Öffnen des Newsletters | 5 % |
Score-Punkte innerhalb der Kategorie vergeben
Andere Daten, gleiches Spiel: Auch bei den impliziten Daten erfolgt eine Gewichtung innerhalb der Kategorien. Für unser Beispiel ziehen wir die Besuche der Landingpage heran. Bewertet wird nach Aktualität und Häufigkeit. Die maximale Anzahl an Score-Punkten ist wieder 10.
Besuche der Landingpage | Score-Punkte |
2 innerhalb der letzten 7 Tage | 10 |
2 innerhalb der letzten 30 Tage | 5 |
1 im letzten Quartal | 1 |
Rating nach Übereinstimmung mit Idealprofil festlegen
Wie schon beim expliziten Scoring gleicht man nun die einzelnen Interessentenprofile mit dem Idealprofil ab und stellt den Grad der Übereinstimmung fest.
Ein sehr aktiver Interessent, der regelmäßig die Website besucht, bereits ein Angebot angefordert und ein E-Book heruntergeladen hat, stimmt zu einem hohen Maß mit dem Idealprofil überein, er erhält das Rating 1.
Übereinstimmung mit Idealprofil | Rating |
> 75 % | 1 |
50–75 % | 2 |
25–50 % | 3 |
< 25 % | 4 |
Lead-Scoring-Modell aus expliziten und impliziten Daten
Am Ende verbindet man das explizite mit dem impliziten Scoring bzw. die beiden aufgestellten Ratings. Beide Werte sind wichtig, doch nur in Verbindung miteinander tatsächlich relevant. Denn Kontakte, deren Profil sehr gut passt und die im Scoring deshalb das Rating A erhalten haben, nutzen einem Unternehmen nichts, wenn keinerlei Interesse an den Produkten und Leistungen besteht. Hat man einen Geschäftsführer, Abteilungsleiter oder gar den Verantwortlichen für Einkauf als Lead gewonnen, ist das noch keine Erfolgsgarantie. Denn trotz des Ratings A bei den expliziten Daten kann das Rating beim impliziten Scoring unter Umständen sehr schlecht sein – beispielsweise wenn der Lead auf keine der Maßnahmen im Lead-Nurturing reagiert hat.
Auf der anderen Seite ist ein großes Interesse an den Produkten wertlos, wenn das Profil nicht im Geringsten mit dem Idealprofil übereinstimmt. Im B2B-Bereich ist ein klassisches Beispiel eine Kontaktperson, die keinerlei Entscheidungsmacht hat. Im B2C-Bereich lassen oft demografische Daten wie das Einkommen darauf schließen, dass die Person nicht in der Lage ist, das Produkt zu kaufen. Trotz hohem Rating beim impliziten Scoring ist solch ein Kontakt also weniger wertvoll.
Um die Daten richtig zu interpretieren, sind beide Ratings relevant. Aus ihnen ergibt sich eine allgemeine Abstufung, die im Einzelfall natürlich detaillierter ausfällt:
Fazit: Lead-Scoring spart kostbare Zeit und Ressourcen
Wer effizientes Lead-Nurturing betreiben und später eine solide Brücke zum Lead-Routing schlagen möchte, braucht unbedingt Lead-Scoring. Ein professionelles und gut durchdachtes Lead-Scoring-Modell legt den Fokus auf solche Leads, bei denen die Wahrscheinlichkeit eines Kaufs oder Abschlusses am höchsten ist. So schaffen es Marketing und Vertrieb, ihre Zeit und Ressourcen effizienter einzuteilen und auszuschöpfen. Dazu muss man seine Anfragen kategorisieren und im gleichen Zuge priorisieren.
Identifiziert man diejenigen 20 bis 30 Prozent seiner Kontakte, deren Kaufwahrscheinlichkeit am höchsten ist, kann man verstärkte Bemühungen in dieses Lead-Segment stecken. Die restlichen Kontakte darf man natürlich nicht vernachlässigen, denn auch ein Lead mit dem Scoring B3 kann mit den richtigen Maßnahmen zum Kunde werden. Ein eher niedrig bewerteter Lead sollte allerdings geringere Priorität im Lead-Routing haben. Diese Gruppe bindet man leicht in automatisierte Lead-Nurturing-Kampagnen ein, mit denen man weitere potenzielle Kunden auffängt.