Tier 3 und andere Qualitätsstufen von Rechenzentren erklärt
International werden Verfügbarkeit, Qualität und Sicherheit von Rechenzentren mit den vier Tier-Qualitätsstufen des Uptime Institute (USA) sowie mit der jüngst eingeführten ISO/IEC 22237 gekennzeichnet. In Deutschland gibt es hierzu zusätzlich die vierstufige TSI-Zertifizierung. Bewertungssysteme dieser Art geben Auskunft über Maßnahmen zu Brandschutz, Versorgungsleistung und Verfügbarkeit von Rechenzentren.
Sei es die eigene Cloud-Umgebung mit E-Mail und Office-Apps, das kleine Designbüro, mittelständige Onlinehändler oder internationale Großunternehmen – kaum etwas funktioniert heute ohne leistungsstarke Rechenzentren, Software Defined Data Center und Cloud Computing. Je vernetzter die soziale und berufliche Welt wird, desto wichtiger sind auch die Sicherheit im Rechenzentrum, der Schutz vor Serverausfall und die Verfügbarkeit von Systemressourcen. Aus diesem Grund gibt es offizielle Normen, Qualitätsstufen und Verfügbarkeitsklassen, die eine international anerkannte Kennzeichnung von Rechenzentren ermöglichen.
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Normen, Qualitätsstufen und Verfügbarkeitsklassen im Überblick
Bei der Einordnung von Rechenzentren ist zwischen drei Bewertungssystemen zu unterscheiden:
- ISO/IEC-Normen
- DIN-Normen
- Tier-Qualitätsstufen (Uptime Institute)
- TSI-Zertifizierungsklassen (TÜViT)
Alle Systeme bieten eine verlässliche Bewertungsgrundlage für Planung, Umsetzung und Inbetriebnahme neuer Rechenzentren sowie für die leistungstechnische Optimierung und die sicherheitstechnische Weiterentwicklung bestehender Rechenzentren.
Rechenzentren sind für Unternehmen von geschäftskritischer Bedeutung. Nicht jedes Unternehmen benötigt jedoch eigene Server-Standorte. Erfahren Sie in unserem Artikel „Was ist ein Rechenzentrum?“, welche Typen von Rechenzentren es gibt und wodurch sie sich unterscheiden.
Die internationalen Normen ISO/IEC 22237 und DIN EN 50600
Als internationale Standards optimieren ISO/DIN-Normen die Qualität, Sicherheit und Verlässlichkeit von Systemen, Technologien, Waren und Dienstleistungen weltweit. Das gilt auch für Rechenzentren. Für europäische Rechenzentren fungierte bisher die DIN EN 50600 als Maßstab für optimale Standorte, Leistungsfähigkeit und Sicherheit von IT-Rechensystemen. Aufbauend auf der DIN EN 50600 führten die International Standard Organisation (ISO) und die International Electrotechnical Commission (IEC) 2022 die international gültige Normenreihe ISO/IEC 22237 ein. Diese gilt nun als Regelwerk zur Klassifizierung neuer und bestehender Rechenzentren und wird die DIN EN 50600 sowie die Tier-Qualitätsstufen 1 bis 4 voraussichtlich ablösen.
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Was enthält die ISO/IEC 22237?
Die ISO/IEC 22237 greift die wichtigsten Punkte der 2012 veröffentlichten DIN EN 50600 auf, ergänzt diese um aktuelle Erkenntnisse zu Nachhaltigkeit und Energieeffizienz und integriert die bereits bekannten vierstufigen Qualitäts- und Verfügbarkeitsklassen. Somit dient sie nicht nur für Entwickler und Planer als verlässliche Richtlinie, sondern schafft auch bei Investoren, Mietern und Endnutzern Vertrauen in die Verlässlichkeit von Rechenzentren. Der Inhalt der Norm besteht aus sieben zentralen Punkten:
- ISO/IEC 22237-1 (EN 50600-1): Allgemeine Aspekte
- ISO/IEC TS 22237-2 (EN 50600-1): Gebäudekonstruktion
- ISO/IEC 22237-3 (EN 50600-2): Stromversorgung und -verteilung
- ISO/IEC 22237-4 (EN 50600-3): Regelung der Umgebungsbedingungen
- ISO/IEC TS 22237-5 (EN 50600-4): Infrastruktur der Telekommunikationsverkabelung
- ISO/IEC TS 22237-6 (EN 50600-5): Sicherungssysteme
- ISO/IEC TS 22237-7 (EN 50600-3-1): Management und Betrieb
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Die Tier-Qualitätsstufen des Uptime Institute
In der Informationstechnik taucht das Wort „Tier“ häufig auf. Übersetzt bedeutet es „Ebene“ oder „Rang“ und zeigt als Klassifizierung von Rechenzentren den hierarchischen Aufbau, die Organisation und die Sicherheit von Server-Infrastrukturen an. Die Qualitätsstufen Tier 1 bis Tier 4 entwickelte das Uptime Institute (USA) zur Bewertung von Rechenzentren nach den Aspekten Verfügbarkeit, Sicherheit und Redundanz.
Die Tier-Level beziehen sich sowohl auf externe Faktoren wie Anbindung und Hierarchie von Rechenzentren im internationalen Netzwerk als auch auf interne Faktoren wie Schutzmaßnahmen und Ausfallzeit von Rechenzentren.
Im Detail umfassen Tier 1 bis 4 folgende Eigenschaften:
Tier-1-Rechenzentrum
- Keine Redundanz verlangt
- Nur ein einfacher Versorgungsweg für Klimatisierung und Energieversorgung
- Keine Fehlertoleranz, keine Betriebswartung
- Geringste Entwärmungsleistung: 220 bis 320 Watt pro m2
- 99,67 Prozent Verfügbarkeit (Ausfallzeit ca. 28,8 Stunden pro Jahr)
- Geeignet für: Einzelunternehmen und Firmen mit geringem Budget-/IT-Ansprüchen (nur noch selten in Gebrauch)
Tier-2-Rechenzentrum
- Einfache Redundanz für Teile der Klimatisierung und Energieversorgung
- Keine Redundanz von Leitungswegen
- Keine hohe Fehlertoleranz, keine Betriebswartung möglich
- Einfache Entwärmungsleistung: 430 bis 540 Watt pro m2
- 99,75 Prozent Verfügbarkeit (Ausfallzeit ca. 22 Stunden pro Jahr)
- Geeignet für: Einfache IT-Abläufe und Prozesse, die leistungsstark, aber nicht unternehmenskritisch sind (ebenfalls nur selten in der Praxis vorhanden)
Tier-3-Rechenzentrum
- Zuverlässige Redundanz für verschiedene Komponenten: Server zweifach, mehrere Versorgungswege für Strom und Klimatisierung
- Gute Fehlertoleranz und Betriebswartung möglich
- Gute Entwärmungsleistung: 1.070 bis 1.620 Watt pro m2
- 99,98 Prozent Verfügbarkeit (Ausfallzeit ca. 1,6 Stunden pro Jahr)
- Geeignet für: Empfohlenes Mindestlevel für Unternehmen mit hohen Anforderungen an reibungslose IT-Prozesse, E-Commerce und unternehmenskritische Prozesse
Tier-4-Rechenzentrum
- Vollständige Redundanz aller Systembestandteile und Versorgungswege für Strom und Klimatisierung
- Sehr hohe Fehlertoleranz, keine Single Points of Failure
- Sehr gute Entwärmungsleistung: mehr als 1.620 Watt pro m2
- 99,991 Prozent Verfügbarkeit (Ausfallzeit ca. 0,8 Stunden pro Jahr)
- Geeignet für: Großunternehmen mit international angebundenen Rechennetzwerken, 24/7-Systemverfügbarkeit und äußerst geschäftskritischen IT-Prozessen
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TSI-Zertifizierungsklassen von TÜV-Süd
Während die Tier-Qualifizierung auf internationaler Ebene von Bedeutung ist, kommen auf dem deutschen Markt bevorzugt die von TÜViT (TÜV Informationstechnik GmbH) entwickelten TSI-Verfügbarkeitsklassen (Trusted Site Infrastructure) zum Einsatz. Mit diesen lässt sich sowohl bei neuen als auch bei bestehenden Rechenzentren die physische Sicherheit, Leistungsstärke und Verfügbarkeit der IT unabhängig zertifizieren.
Die Zertifizierung bzw. Einstufung eines Rechenzentrums umfasst eine Dokumentprüfung formaler technischer Konzepte und eine Überprüfung von Standort und Anlagen vor Ort. Grundlage für die Einstufung und Zertifizierung ist der abschließende Prüfbericht. Für die Bewertung spielen folgende Komponenten eine Rolle:
- Standort und Konstruktion
- Brandschutz
- Sicherheitsmanagement (Anlagen und Organisation)
- Versorgungswege für Strom und Klimatisierung
- Raumlufttechnische Anlagen (RLT)
- Dual-Site-Konzepte bzw. Colocation
- Dokumentation und Verwaltung
Die vier TSI-Zertifizierungslevel im Überblick:
TSI-Level 1: Mittlere Verfügbarkeit
- Keine Redundanz
- Nur notwendige Ausstattung für den Betrieb von Serveranlagen inkl. funktionalem Zutrittsschutz und einfachen Brandschutzmaßnahmen
TSI-Level 2: Erweiterte Verfügbarkeit
- Grundlegende Teilredundanzen für Energieversorgung und Klimatisierung
- Örtliche Gefährdungspotenziale für IT berücksichtigt
- Erweiterter Zutritts- und Brandschutz
TSI-Level 3: Hochverfügbarkeit
- Hohe Redundanz für aktive Versorgungskomponenten (keine Single Points of Failure)
- Hoher Einbruch-/Zutritts- und Brandschutz
- Gesicherte, zweifache Versorgungswege
- Konstante Zustandsüberwachung
TSI-Level 4: Höchstverfügbarkeit
- Dedizierte Anlage für Rechenzentren inkl. Wartungstoleranzen und Vorfeldabsicherung
- Hohe Systemredundanzen durch zweifache Versorgungswege
Ein weiteres Klassifizierungsmodell für Rechenzentren stammt vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Es besitzt sechs Verfügbarkeitsklassen, die eine Verfügbarkeit von 95 Prozent mit VK 0 bis 100 Prozent mit VK 5 anzeigen.
Ist die Qualitätsprüfung von Rechenzentren vorgeschrieben?
ISO-Normen, Qualitätsstufen und Zertifizierungen sind nicht verpflichtend und werden durch Betreiber von Rechenzentren freiwillig oder über unabhängige Organisationen wie TÜV Süd durchgeführt. Umso wichtiger ist es für Investoren, Mieter und Endnutzer, auf die transparente Angabe der Qualitätsstufe zu achten. Betreiber von Rechenzentren wiederum stärken ihre Vertrauenswürdigkeit durch eine zertifizierte Verfügbarkeit und Sicherheit.