Die umgekehrte Pyramide: So optimieren Sie Ihren Schreibstil für das Leseverhalten im Netz
Das Leseverhalten im Netz unterscheidet sich grundlegend vom Lesen eines gedruckten Artikels. Viele Leser neigen vor dem Bildschirm dazu, schnellen Blickes die wichtigsten Informationen herauszufiltern und sprunghaft den Text zu überfliegen: Die Aufmerksamkeit ist bei den oberen Absätzen am höchsten und lässt tendenziell nach, was zum sogenannten F-Muster führt. Dieses veränderte Leseverhalten macht eine angepasste Textstruktur notwendig: Als besonders effektiv hat sich eine Strukturierung in Form einer umgekehrten Pyramide erwiesen. Ironischerweise stammt diese Strukturierung aus dem klassischen Print-Journalismus – online funktioniert sie jedoch besser denn je. Lesen Sie hier, was das Prinzip der umgekehrten Pyramide ist, wie es funktioniert und warum es im Onlinemarketing so wichtig ist.
Wie funktioniert die umgekehrte Pyramide?
Das Prinzip der umgekehrten Pyramide ist ein textuelles Strukturprinzip, das ursprünglich aus dem Journalismus stammt: Dabei geht es darum, die wichtigsten Informationen in den obersten Absätzen einer Nachrichtenmeldung und der Überschrift unterzubringen. Sie bilden gewissermaßen den breiten Sockel der Pyramide, von wo aus sich die Informationen entlang der invertierten Pyramide immer weiter zuspitzen. Bereits in der Einleitung mit zugehöriger Überschrift sollten die wichtigsten W-Fragen (Wer? Was? Wann? Wo? Wie? Warum?) geklärt werden – sie bildet den Kern des Textes. Die Informationen sind an dieser Stelle stark verdichtet auf wenige Sätze konzentriert und zeigen den groben Sachverhalt in aller Kürze auf. Die nachfolgenden Absätze werden dementsprechend immer detaillierter und liefern gestaffelt die Quelle, Einzelheiten und Hintergrundinformationen – bis die Spitze der umgekehrten Pyramide erreicht ist.
Sie können die Informationen gewissermaßen nach ihrem Kerngehalt staffeln und entsprechend mit zunehmendem Detailgrad im Text verarbeiten. Das bedeutet natürlich nicht, dass das Ende eines Textes keine Bedeutung mehr hat: Hier ist stattdessen Raum für Spezifizierungen und Hintergrundinformationen. Diese runden den Text ab und bieten einen Mehrwert für Leser, die sich nicht mit der dicht gedrängten Zusammenfassung des ersten Absatzes begnügen.
Das gleiche Gestaltungsprinzip lässt sich auch für die einzelnen Absätze anwenden: Jeder Absatz beschränkt sich auf eine Kernaussage, die zu Beginn kurz erläutert und im Folgenden näher ausgeführt und mit Hintergründen versehen wird. Die Absätze werden idealerweise auch mit einer kurzen Überschrift zusätzlich strukturiert. So ist es dem Leser möglich, schnell einen Überblick über den Artikel, seinen Aufbau und Inhalt zu gewinnen.
Warum ist die umgekehrte Pyramide für Onlinetexte wichtig?
Das Prinzip der umgekehrten Pyramide wird heute in Onlinemedien in erster Linie angewandt, um den Leser nicht zu verlieren. Fortwährend dringt er tiefer in die Thematik ein und bekommt von jedem Absatz einen Informationsgewinn und erkennt immer mehr Zusammenhänge. Dabei hat die umgekehrte Pyramide seinen Ursprung in der Handsetzerei, als eine Zeitung noch mit Setzkästen gedruckt wurden: Bei dieser Technik musste ein Text oder eine Seite im Bedarfsfall an jeder Stelle von hinten nach vorn gekürzt werden können. Dank der umgekehrten Pyramide war das möglich, ohne die Kernaussagen zu verlieren. Die Technik ist für Nachrichtenmeldung inzwischen Standard geworden und wurde bereits von Pressemitteilungen adaptiert. So können Journalisten die Meldungen nach Belieben kürzen und nahtlos in das Layout einer jeden Zeitungsseite einfügen.
Das Kürzen eines Textes ist auf Websites heutzutage weniger relevant, da die Layout-Vorgaben offener sind und der Platz für Texte dynamisch anpassbar ist. Da sich jedoch das Leseverhalten online von dem Lesen eines Offlinetextes grundlegend unterscheidet, müssen Texte im WWW ganz andere strukturelle Anforderungen erfüllen: Sie müssen schnell und leicht lesbar sein. Werden die wichtigsten Informationen am Anfang eines Textes genannt, ist der Wissensdurst der Leser schneller gestillt und die Gefahr gebannt, dass sie sich die Informationen an anderer Stelle beschaffen. Das ist im Web deutlich leichter als noch zu analogen Zeiten: Zwei bis drei Klicks, und schon ist eine andere Seite aufgerufen, die die Informationen schneller bereithält. Kein Wunder, dass längst auch das Onlinemarketing die Bedeutung der umgekehrten Pyramide entdeckt hat und sich dieses Strukturprinzip zunutze macht.
Welche Rolle kann das Prinzip der umgekehrten Pyramide im Onlinemarketing spielen?
Guter Content mit Mehrwert für den Leser ist zu einem entscheidenden Faktor im Onlinemarketing und bei der Suchmaschinenoptimierung geworden. Damit nähert sich diese Kommunikationsstrategie dem Journalismus an: Im Zentrum stehen hochwertige, relevante und informative Inhalte und keine direkte Werbebotschaft. Dementsprechend bedarf es im Onlinemarketing mehr denn je effektiver und journalistisch bewährter Strukturprinzipien für diese Inhalte. Hier kommt die umgekehrte Pyramide ins Spiel. Denn das Prinzip bietet gleich mehrere Vorteile für verschiedene Onlinemarketing-Bemühungen.
Die Bedeutung der umgekehrten Pyramide für das Content-Marketing
Durch die Anpassung an das Leseverhalten im Netz greifen Content-Marketing-Strategien die Lesegewohnheiten einer webaffinen Zielgruppe auf, um deren strukturelle Erwartungen an einen Onlinetext zu erfüllen. Was aber heißt das für Sie als Webmaster? Kurz gesagt: Ihre Texte müssen leicht zugänglich sein und die Informationen schnell vermitteln können. Mit dem Prinzip der umgekehrten Pyramide können Sie die Aufmerksamkeit Ihrer Leser schnell gewinnen und sicherstellen, dass die Kernaussage an prominentester Stelle im Text zu finden ist.
Durch die stufenweise Unterfütterung des Textes mit immer detaillierteren Informationen werden Ihre Leser zudem an den Text gebunden – die Aufmerksamkeit erstreckt sich idealerweise über den gesamten Text. Falls Ihre Leser dennoch abspringen, stellen Sie zumindest sicher, dass die wichtigsten Informationen dennoch aufgenommen werden können. Dafür ist es entscheidend, dass die zentralen Informationen leicht zu finden und zugänglich sein.
Wird das Prinzip der umgekehrten Pyramide zudem auf die einzelnen Absätze eines Textes angewandt, können Ihre Leser besser filtern, welche Informationen für sie relevant sind. Eine Unterteilung des Textes mit mehreren Überschriften kann das Filtern von Informationen zusätzlich vereinfachen. Auch die Überschriften eines Textes lassen sich gemäß der umgekehrten Pyramide aufbauen: Indem Sie mit einem markanten Schlagwort beginnen, können Sie sofort das Interesse Ihrer Leser wecken. Die näheren Ausführungen trennen Sie dann in der Überschrift mit einem Gedankenstrich oder Doppelpunkt ab; etwa nach dem Beispiel dieses Artikels: „Die umgekehrte Pyramide: So optimieren Sie Ihren Schreibstil für das Leseverhalten im Netz“.
All diese textuellen Maßnahmen führen letztlich dazu, dass sich Ihre Leser länger mit dem Text beschäftigen. Die Überschriften können als Teaser dienen und sollen bereits einen Ausblick auf die im Absatz bzw. im gesamten Text enthaltenen Informationen geben. Dadurch können Sie die Aufmerksamkeit potenzieller Leser wecken und über den gesamten Text aufrechterhalten.
Das Prinzip der umgekehrten Pyramide aus der SEO-Perspektive
Das ist noch aus einem anderen Blickwinkel wichtig. Denn über reine Content-Strategien hinaus gibt es auf technischer Seite viele Berührungspunkte zur Suchmaschinenoptimierung (SEO): Denn hilfreiche Inhalte auf einer Website beeinflussen auch das Ranking bei Google und Co. positiv. Problematisch an schlecht strukturierten Inhalten ist nämlich, dass sie auch schlechter zugänglich sind. Die Konsequenz: Ihre Leser werden sich die Mühe nicht machen und sich ihre Information auf einer anderen Seite suchen. Das Überangebot an Informationen im Internet macht es den Nutzern bekanntlich leicht zu wechseln. Dies stellt entsprechend hohe Anforderungen an jeden Text. Das Problem aus der SEO-Perspektive liegt auf der Hand: Suchmaschinen erkennen inzwischen, wie lange Leser auf einer Seite verweilen, welche Links sie klicken und wann sie eine Seite wieder verlassen. Daraus können sie ableiten, welche Informationen für die Suchanfrage relevant sind und welche nicht. So muss das Ziel auch aus SEO-Sicht heißen: Leser binden und dafür richtig aufbereiteten hochwertigen Content zur Verfügung stellen. Dafür ist es essenziell, dass Ihre Leser die wichtigsten Informationen des Textes lesen können, ohne nach unten scrollen zu müssen. Ist das Interesse geweckt und der Text gut strukturiert, werden Ihre Besucher weiterlesen und länger auf der Seite bleiben. Ein wichtiger Nebeneffekt der umgekehrten Pyramide: Wenn Sie konsequent das Wichtigste zuerst schreiben, nutzen Sie auch am Anfang des Textes und in der Überschrift automatisch die relevanten Keywords. Mit ihnen erscheint Ihre Seite in den Suchmaschinen bei den entsprechenden Suchanfragen der Nutzer. Besonders wichtig sind die Überschriften: Sind hier die zentralen Schlüsselwörter enthalten, wissen nicht nur Ihre Leser, sondern auch die Suchmaschinen, um was in dem Text geht. Diese lesen analog zu einem menschlichen Leser ebenfalls den Anfang eines Textes am intensivsten: Die Suchmaschinen erkennen beispielsweise anhand der im HTML-Quellcode enthaltenen „h“-Tags (von engl. „headline“ = Überschrift) und anhand von Fettungen („strong“-Tag) das Thema des Textes. Dementsprechend wichtig ist es, mit diesen Formatierungen zu signalisieren, um was es geht. Auch hier gilt das oberste Gebot für guten SEO-Content: Schreiben Sie den Text primär für den Leser. Das heißt: Vermeiden Sie eine unnatürliche Häufung von Keywords. Andernfalls kann Ihr Content auch ein schlechteres Ranking bewirken. Schließlich haben Suchmaschinen das Ziel, ihren Nutzern behilflich zu sein, indem sie nur die relevantesten Inhalte ganz oben anzeigen. Dementsprechend sollte man sich beim Verfassen eines SEO-Textes immer in den Leser hineinversetzen und fragen, was für die Zielgruppe wichtig ist und was sie von diesem Text erwarten könnte. Und genau das muss an erster Stelle und sofort zu finden sein.